Lass mal was mit Menschen machen – Die Rolle der Stadtsoziologie in der Stadtplanung

Dokumentation PIT Cottbus 2017

Anlass des Workshops

Anfang April wurde an der TU Berlin das Fachgebiet Stadtsoziologie aufgelöst. Der Bundesfachschaftsrat hat diese Entwicklung in einem Statement kritisiert. Vor diesem Hintergrund haben wir uns in dem Workshop die Frage gestellt, welche Rolle Soziologie in der Lehre der Raumplanung spielen kann und soll. Dabei haben wir die aktuellen Situationen an den Hochschulen verglichen. Was ist dort Pflichtprogramm und wie sehen die Möglichkeiten der Studierenden und wissenschaftlichen Angestellten aus, in dem Bereich zu arbeiten und zu forschen? Auf Grundlage von vier ausgewählten Texten zum Thema „Stadtsoziologie“ und zwei Interviews haben wir in einer gemeinsamen Diskussion Vorstellungen und Standpunkte entwickelt.

Die auf dieser Grundlage abgeleiteten Forderungen und Positionen zur Stadtsoziologie in der Lehre der Raumplanung wurden anschließend in eine Stellungnahme formuliert, die nachfolgend in der Bundesfachschaftenkonferenz am PIT Cottbus 2017 angenommen wurde.

Aufgabe bzw. Fragestellung

Welchen Stellenwert hat die Stadtsoziologie in der Planung?

Es wurden während des Workshops Leitfragen formuliert:

  • Welche Bedeutung hat Stadtsoziologie in der Stadtplanung?
  • Wie können Stadtsoziologische Inhalte in die Lehre integriert werden?
  • Welche Kompetenzen kann die Stadtsoziologie den Planer*innen vermitteln?
  • Wie sieht die stadtsoziologische Lehre bei euch an der Uni aus?
  • Welche aktuellen Entwicklungen und Forschungsgebiete sind besonders wichtig im Studium?

Arbeitsprozess

Analyse der Curricula mit Hilfe von Bornemann, L. (2017): Eine Berufsfeldanalyse

Textlektüre durch Kleingruppen der folgenden Texte aus dem Sammelband Harth, Anette; Schiller, Gitta (Hrsg.)(2010): Soziologie in der Stadt- und Freiraumplanung:

  • Siebel, Walter: Stadtsoziologie und Planung (S.51-68)
  • Terlinden, Ulla: Soziologie und räumliche Planung (S. 69-86)
  • Friedrichs, Jürgen: Welche soziale Mischung in Wohngebieten. (S. 319-334)
  • Seggern, Hille von: Der soziologische Beitrag zum Entwerfen urbaner Landschaften (S. 215-232)
  • Zwei Interviews mit wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen von der Uni Kassel

Die Diskussion der Texte erfolgte mit Hilfe der World-Café-Methode ebenso wie das Formulieren eigener Forderungen anhand der gestellten Leitfragen.

Die erarbeiteten Forderungen aus den Kleingruppen wurden im großen Plenum vorgestellt und diskutiert und auf der Tafel zusammengefasst. Nach einer Diskussion konnten alle Teilnehmer*innen, die wichtigsten drei Forderungen zur Lehre und die drei wichtigsten Argumente, warum Stadtsoziologie wichtig ist, an der Tafel kennzeichnen.

Auf Grundlage dieser Gewichtung wurde im Nachgang durch die Workshopleiter*innen eine Stellungnahme erarbeitet, die Forderungen an die Stadtsoziologische Lehre formuliert. Diese Stellungnahme wurde an der BuFaKo erneut im Plenum besprochen und anschließend beschlossen.

Ergebnisse & Zukunftsziele

Die Stellungnahme des bfsr für mehr Soziologie in der Lehre.

Die gebaute Stadt ist nicht nur ein ästhetisches Gebilde, sondern gleichsam Abbild gesellschaftlicher Machtverhältnisse und sozialer Dynamiken. Die Stadtplanung trägt eine große gesellschaftliche Verantwortung. Die Vermittlung eines grundlegenden Verständnisses gesellschaftlicher Prozesse und Hierarchien gehört daher zu einer fundierten stadtplanerischen Ausbildung dazu. Die Stadtsoziologie ist in der Lage, diese Prozesse zu beschreiben und zu vermitteln, weswegen sie integraler Bestandteil der Planer*innen-Ausbildung ist.

Der Anteil der Stadtsoziologie an der universitären Lehre und Forschung hat in den letzten Jahrzehnten insgesamt abgenommen. Gleichzeitig wächst ihre Bedeutung, da die Gesellschaft derzeit tiefgreifende Transformationsprozesse durchlebt. Mithilfe stadtsoziologischer Erkenntnisse lassen sich Transformationsprozesse nicht nur beschreiben, sondern auch Anknüpfungspunkte finden, um gesellschaftliche Bedürfnisse in den Fokus von Stadtplanung zu stellen.

Damit sich angehende Planer*innen auch zukünftig gesellschaftlichen Herausforderungen stellen können, fordert die Bundesfachschaft im Rahmen der Bundesfachschaftenkonferenz die Stärkung stadtsoziologischer Inhalte, insbesondere unter folgenden Gesichtspunkten:

  • Die Stadtsoziologie bietet einen geeigneten Raum, die Rolle der Stadtplanung zu hinterfragen und deren Bedeutung zu reflektieren. Dieser kritischen Auseinandersetzung sollte mehr Raum gegeben werden.
  • Im Rahmen des Studiums soll der Anwendung und dem Verständnis von Methoden der Partizipation mehr Gehör verschafft werden.

Das Potenzial, Inhalte der Stadtsoziologie fachübergreifend zu verknüpfen, sollte im größeren Maße genutzt werden. Dafür bietet sich eine Verknüpfung stadtsoziologischer und anderer stadtplanerischer Inhalte auf Projektebene an. Eine stärkere interdisziplinäre Lehre ist dafür Voraussetzung.

Offene Fragen

Wie wird mit der Stellungnahme der Bundesfachschaft weiter umgegangen?

Anhang