Interdisziplinarität ist ein wichtiger Baustein der Curricula der Planungsstudiengänge: Die Fähigkeit als „Schnittstelle“ zwischen Disziplinen zu fungieren, wird oft als Kernkompetenz der Planer*innenausbildung herausgestellt. Dabei bleibt oft unscharf, was mit Interdisziplinarität gemeint ist. Unserer Auffassung nach ist es charakteristisch für eine interdisziplinäre Arbeitsweise, dass es zu einem synergetischen Austausch zwischen den beteiligten Disziplinen kommt, der aus einer direkten Zusammenarbeit entsteht. Ein bloßes „Nebeneinander“ von Disziplinen, wie es beispielsweise oft in gemeinsamen Vorlesungen praktiziert wird, sehen wir dagegen als „multidisziplinäre“ und nicht als interdisziplinäre Arbeitsweise an.
An den Hochschulen wird eine Vielzahl von Ansätzen verfolgt, um dem Anspruch des interdisziplinären Lehrens und Lernens gerecht zu werden. Dennoch haben viele Studierende den Eindruck, es fehlt in ihrem Studium an Formaten, in deren Rahmen interdisziplinäre Lern- und Arbeitsweisen praktiziert werden können, wie eine fachschaftsinterne Umfrage aus dem Frühjahr 2016 aufzeigt. Die synergetische Zusammenarbeit verschiedener Disziplinen wird zum einen durch inkompatible Strukturen und Creditpointvolumina, sowie unsichere Anrechnungsverfahren von Wahlmodulen und innovativen Formaten erschwert. Auch die räumliche Trennung der Studiengänge, in Kombination mit fehlenden Räumlichkeiten für interdisziplinäre Formate, verhindert vielerorts ein interdisziplinäres Studieren. Häufig verunmöglichen zudem Konflikte zwischen einzelnen Personen, von Studierenden, über administrative Mitarbeiter*innen bis hin zu Professor*innen, eine solche Praxis. Hier spiegelt sich auch die Differenz zwischen einem Anspruch, der ein interdisziplinäres Studium fordert und gelebter Praxis, wo zusätzlicher „Aufwand“ vermieden wird, wider. Solche Dynamiken verhindern letztendlich interdisziplinäre Projekte. Nichtsdestotrotz findet eine geradezu inflationäre Verwendung des Begriffs der Interdisziplinarität statt, ohne diesen eindeutig geklärt zu haben. Interdisziplinarität bleibt ein abstrakter Wert, ein vages Konstrukt. Ein integriertes Verständnis bleibt aus, persönliche Differenzen werden nicht überwunden; entsprechend scheitert auch die Umsetzung in der Studienpraxis.
Wird Interdisziplinarität nur als inhaltsleeres Label genutzt, werden Ressourcen verschwendet und Chancen vertan!
Wir fordern, dass Interdisziplinarität „richtig“ und „ehrlich“ gelebt wird.
Denn, wenn das Curriculum Interdisziplinarität vorsieht, müssen Engagement und Ausstattung diesem Anspruch gerecht werden. Interdisziplinarität muss mehr als ein Label sein. Dafür sind dauerhafte Anstrengungen aller Statusgruppen sowie eine Kultur der gegenseitigen Wertschätzung erforderlich. Wir, die Studierenden und Fachschaften, sind bereit zu einer ehrlichen Auseinandersetzung an den Hochschulen, um den jeweiligen Bedarf und Anspruch an Interdisziplinarität zu diskutieren und festzulegen. Das bedeutet, zu klären wie Interdisziplinarität verstanden wird, wer mit wem zusammenarbeitet, welchen Stellenwert interdisziplinäres Arbeiten einnimmt und in welchen Formaten es stattfindet. Nur durch einen solchen Diskurs kann Interdisziplinarität mehr als ein Label sein und die Qualität des Planungsstudiums und der planerischen Praxis verbessert werden.