Hochschulpolitischer Workshop auf dem PIT Davos, 31.10.2019
Janne Lentz (HafenCity Universität, Hamburg) und Maximilian Theye (Bauhaus-Universität, Weimar)
Anlass des HoPo
Die „gebildeten und artikulierten Mittelklassen“ beteiligen sich immer noch deutlich häufiger als arme und arbeitslose Bevölkerungsgruppen, Frauen seltener als Männer,
Menschen mit Migrationshintergrund seltener als Menschen ohne. All diese Fakten werden uns im Planungsstudium vorgesetzt und wir erleben sie bei öffentlichen Partizipationsveranstaltungen immer wieder.
Seltener fragen wir uns allerdings, ob nicht diese Fakten auch für uns als Planer*innen zutreffen. Wir wollen uns in diesem HOPO mit Diversität und unserem Verständnis davon beschäftigen. Wie divers sind eigentlich die Menschen, für die wir planen und wie unterscheiden sich ihre Bedürfnisse an das Geplante sowie den Planungsprozess? Und wie viel Diversity gibt es eigentlich unter uns Planenden?
Aufgabe
Mit Student*innen aus möglichst vielen Standorten soll in erster Linie ein Erfahrungsaustausch stattfinden, um sich dem Thema anzunähern. Was haben die Teilnehmer*innen persönlich in universitären und beruflichen Situationen erlebt? Wie divers empfinden sie ihr eigenes Umfeld? Auf welche Barrieren sind sie selbst gestoßen oder haben sie andere stoßen erlebt?
Es schließt sich eine gemeinsame Lektüre von zwei Texten an. Grundsätzlich problematisch ist, dass Thema “Diversität innerhalb der Planungsprofession” fast gar nicht beforscht ist.
Arbeitsprozess
Die Arbeit im Workshop gliederte sich in die folgenden Phasen:
- Diskussion : Was bedeutet Diversität für die Teilnehmenden und wie findet sich das in der Planung wieder?
- Lesezeit und anschließende Reflektion über folgende Texte
- Huning, Sandra (2014): Wer plant für wen? Partizipation im Kontext gesellschaftlicher Differenzierung. In: Raumentwicklung 3.0 – Gemeinsam die Zukunft der räumlichen Planung gestalten: 15. Junges Forum der ARL 6. bis 8. Juni 2012 in Hannover
- Terkessidis, Mark (2012): Wer plant da eigentlich für wen? In: StadtBauwelt 193 (2012)
- gegliederte Diskussion über einzelne Textabschnitte sowie Wechselwirkungen
- Diversität in der Planung allgemein
- Diversität in den Planungstudiengängen
- Hindernisse und Hürden für Menschen aus marginalisierten Gruppen in der Ausbildung und im Berufsleben
- Hindernisse und Hürden für Menschen aus marginalisierten Gruppen im Zugang zur Planung als Stadtbewohner*in
Ergebnisse
Die Diskussionen können in mehrere Ergebnisblöcke zusammengefasst werden:
- Vielfalt und Diversität, Annäherung an eine Definition: Worauf sich unterschiedliche Erfahrungen begründen:
- Kultur
- Geschlecht
- Alter
- Sprache
- Behinderung
- Sexuelle Identität
- Intersektionalität
- Vorschläge für die Ausbildung
- Studieninhalte
- Planungsprojekte mit inklusiven Themenschwerpunkten
- Internationale Projekte / Verständnis für andere andere Kulturräume
- Moderation Trainieren
- Raum für Reflexion schaffen
- Sensibilisierung für diverse Themen & Bedürfnisse
- Studienbedingungen
- Grundbedingungen verbessern , z.B. Kitas auf dem Campus, Blindenleitsysteme, visuelle und akustische Leitsysteme, Sprachkurse, Kulturelle Räume schaffen
- diverse Studierendenschaft als Qualität sehen
- Studieninhalte
- Vorschläge für die Planung allgemein
- Mutig sein und einfach anfangen!
- Gegen Ausschlussmechanismen (zB Rassismus) statt für Benachteiligte planen
- Diversität stärker als Qualität sehen und mehr in Prozesse einbringen
- Partizipationsprozesse weiterdenken
- Den kleinsten gemeinsamen Nenner als Ausgangspunkt finden
Fazit
Die Bedeutungsebenen des Begriffes Diversität sind vielfältig, genauso wie die Probleme und Schwierigkeiten, aber auch Chancen einer diverseren Planungskultur. Natürlich ist es niemandem möglich, auf alle Bedürfnisse der Stadtbewohner*innen einzugehen oder gar alle im Kopf zu haben. Aber es ist natürlich ein wünschenswerter Prozess, wenn wir als Planer*innen auf verschiedenste Menschen individuell oder auch kollektiv eingehen können. Vielleicht müssen wir auch gar nicht spezifisch für eine marginalisierte Bevölkerungsgruppe planen. Schließlich fühlen wir uns alle mehr als einer Beschreibung zugehörig. Am Ende ist eine Mutter eine Mutter, egal ob sie einen Migrationshintergrund hat oder nicht. Und nicht nur Rollstuhlfahrer profitieren von einer Rampe, auch Menschen mit Kinderwägen, Fahrrädern und Rollatoren. Manchmal brauchen wir vielleicht eher nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner zu suchen um mehr Menschen mit unserer Planung zu erreichen. so würden wir auch der Stigmatisierung einzelner Gruppen entgegentreten, die sicherlich vielfach ein Teil des Problems darstellt, wenn wir vom Nichterreichen bestimmter Bevölkerungsgruppen in Partizipativen Prozessen und in der Planung ganz allgemein sprechen.
Obwohl mehr Diversität unter uns Planenden natürlich nicht garantiert, dass unsere Planungen inklusiver werden, ist es doch wünschenswert, mehr als nur alte weiße Männer in unseren Planungsämtern sitzen zu haben. Je diverser wir innerhalb der Disziplin aufgestellt sind, desto mehr augenöffnende Berührungspunkte werden uns in unserer Ausbildung und unserem Berufsleben ermöglicht. Und das sollte doch generell ein machbares Ziel sein, oder??
Das Thema bietet sich zur weiteren Bearbeitung im Rahmen eines zweiten hochschulpolitischen Workshops an. In diesem könnte mehr auf konkrete Schritte im Hochschul- und Arbeitsumfeld eingegangen werden.
Um mehr Aufmerksamkeit für das Thema zu schaffen, welches momentan auch im Forschungsdiskurs nicht adäquat abgebildet wird, sollte der Beirat der Fachschaften für Stadt- und Raumplanung ein Statement erarbeiten, in dem oben genannte Probleme und Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt werden – bestenfalls unter Einbeziehung von Berufsverbänden wie der SRL.